HR-Trend Mentoring: Was ist es und was bringt es?
Mentoring ist eines der Top Buzzwords im Bereich Personalentwicklung der vergangenen Jahre. Aber wie genau kommt es zu dem Hype? Und ist es mehr als nur ein Trend? Was steckt eigentlich dahinter?
Im folgenden Artikel beantworten wir die Fragen:
- Was bringt Mentoring eigentlich?
- Was ist Mentoring überhaupt?
- Welche Arten von Mentoring gibt es?
- Und vor allem: Wie findet man eine passende Mentorin oder einen passenden Mentor?
Was ist Mentoring überhaupt?
Mentoring ist eine Maßnahme, um individuelle Weiterentwicklung zu fördern – grundsätzlich mit dem Ziel Karriereförderung voranzutreiben oder Wissen auf einem spezifischen Gebiet zu vertiefen.
Welche Arten von Mentoring gibt es?
Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Definitionen und Arten des Mentorings. Mentorings können formell und informell, klassisch oder im Reverse Tandem, mit inhaltlichen Schwerpunkten oder sogar ohne konkretes Ziel durchgeführt werden. Es gibt Mentoring-Varianten, die 1:1 oder als Team-Mentorings durchgeführt werden. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, themenorientierte Mentorings zu erstellen oder sie inhaltlich gänzlich freizuhalten. Aufgrund der Vielzahl von Definitionen ist es unabdingbar, sich im jeweiligen Unternehmenskontext im Klaren zu sein, was die Zielsetzung des Mentorings sein soll, um das gewünschte Resultat zu erreichen. Dazu bedarf es einer intensiven Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen oder – falls man als Unternehmen ein Mentoring-Programm implementieren möchte – mit den strategischen Zielen der Organisation.
Die Rollen im Mentoring
Mentorinnen bzw. Mentoren sind Personen, oft Führungskräfte oder Senior Experts, die zumindest in dem Gebiet, in dem die/der Mentee sich weiterentwickeln möchte, signifikante Erfahrungen aufweisen. Der Grad der Erfahrung ist ausschlaggebend, denn impact-starke Mentorinnen bzw. Mentoren wirken oft als Resonanzboden und haben eine starke Vorbildwirkung. Oft ist in Unternehmen der Auswahlprozess sowie die Vorbereitung der Mentorinnen bzw. Mentoren nicht abgestimmt, und daher sind Mentoring-Programme oft nur halb so erfolgreich. Kompetenzorientierung ist daher auch in diesem Fall unabdingbar (Johnson 2020). Die/der Mentee erhält Input, Unterstützung und lernt von der Mentorin bzw. dem Mentor durch Austausch, gezielte Fragen und individuelle Unterstützungsangebote. Streng abzugrenzen davon sind Coachings und Trainings. Coaching ist ein Ansatz, bei dem die fachlich speziell ausgebildete Fachkraft durch einen sehr spezifischen und klar definierten Prozess leitet, der die selbstinitiierte Weiterentwicklung der/des Coachees auslöst. Beim Training hingegen werden tatsächliche Skills, also Fähigkeiten vermittelt, die dazu beitragen sollen, spezifische (Karriere-)ziele zu erreichen, z. B. Kommunikations- oder Verhandlungstrainings.
Welche Vorteile bringt Mentoring mit sich?
Mentoring bringt für beide beteiligten Parteien wesentliche Vorteile.
Vorteile für die/den Mentee:
- Effizienzsteigerung
- Erlernen neuer Fähigkeiten
- Entwicklung von mehr Selbstvertrauen
- Entwicklung von Fähigkeiten zur allgemeinen Karriereplanung
Vorteile für Mentorinnen und Mentoren
- Erfolgserlebnis, zu sehen, wie sich andere entwickeln
- Erweiterte Generationen- und Kulturperspektiven
- Stärkung der Fach- und Führungserfahrung
- Erweiterung von zwischenmenschlichen Fähigkeiten
- Neue Ideen und Einsichten erfahren
Die Erweiterung des Netzwerkes ist für beide Seiten von wesentlichem Nutzen.
Welche Formen von Mentoring gibt es? Und welche ist die Richtige?
Die erste Frage, die sich stellt, ist: Was ist besser – ein formelles oder informelles Mentoring? Grundsätzlich: Je nach Situation. Beim informellen Mentoring ist die Beziehung und der Auftrag zwischen Mentorin bzw. Mentor und Mentee nicht eindeutig geklärt, ebenso wenig wie der Zeitrahmen oder die Inhalte. Die Zielsetzung ist ebenfalls meist nicht im Detail klar; vielmehr stehen der Input, die Inspiration oder spezifische Hilfestellungen im Vordergrund. Die Unterstützung der Mentorin/des Mentors wird unregelmäßig und tendenziell bei Bedarf abgerufen. „Man fragt um Rat.“ Solche informellen Mentoring-Beziehungen erstrecken sich oft über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte. Im Gegensatz dazu steht das formelle Mentoring. Oftmals wird das formelle Mentoring als Personalentwicklungsmaßnahme angeboten. Oftmals, aber nicht zwingend, sind Mentorin bzw. Mentor und Mentee Teil derselben Organisation. Die Inhalte des Mentorings beziehen sich oft allgemein auf persönliche (Karriere-)Entwicklung oder unterstützen spezifische strategische Unternehmensziele (siehe "Mentoring with a Purpose"). In diesem Fall übernimmt eine erfahrene Person die Mentorinnen- bzw. Mentor-Rolle, um eine jüngere Person zu unterstützen.
Welche Arten von Mentoring gibt es?
1:1 – Das „klassische“ Mentoring
Im klassischen Mentoring wird eine Person von einer erfahreneren Person, meist einer Führungskraft, unterstützt. Der Wissensaustausch fließt einseitig und ist hierarchisch geprägt. Im klassischen Mentoring ergibt es Sinn, sich zumindest Ziele zu setzen, die dann meist thematisch orientiert sind. Themenbezogene Mentorings können als gezielte Personalentwicklungsmaßnahme durchaus auch strategisch eingesetzt werden, z. B. um das Verständnis von Digitalisierung zu erhöhen, jungen Führungskräften Unternehmenswerte näherzubringen oder um Diversitätsthemen im Unternehmen besser zu verankern.
Was ist Reverse Mentoring?
Die Rollen sind vertauscht: Eine jüngere Person bzw. jemand mit weniger Erfahrung ist in der Mentorinnen- bzw. Mentor-Rolle und gibt Wissen an eine seniorere Person weiter. Auch hier gilt: Der Wissensaustausch fließt einseitig, die Hierarchie ist allerdings umgedreht.
Und was ist Reverse Tandem Mentoring?
Eine besonders spannende Variante, die sich immer mehr an Beliebtheit erfreut, ist das sogenannte „Reverse Tandem Mentoring“. Dabei gehen wir davon aus, dass der größte Impact erreicht werden kann, wenn man voneinander lernt. Anders als im klassischen Mentoring geht der Wissensaustausch daher nicht nur in eine Richtung, sondern beide Tandem-Partner:innen lernen voneinander. Insbesondere im Kontext des Generationenmanagements liegt hier sehr viel Potenzial, ist es doch essenziell, dass Generationen voneinander lernen und so ein gegenseitiges Verständnis für Bedürfnisse, Herangehensweisen und Vorstellungen von Leadership entwickeln. Die Digitalisierung wurde durch die Pandemie noch schneller vorangetrieben, und damit haben sich Erwartungshaltungen und Anforderungen an Unternehmen und Führung drastisch geändert. In Zeiten des Fachkräftemangels ist daher Reverse Tandem Mentoring eine oft sinnvolle Herangehensweise – insbesondere für Führungskräfte, denn so werden die Anforderungen der jüngeren Generationen an Unternehmen, Arbeitsplatz und Führungskraft oft greifbarer und nachvollziehbarer. Über mehrere Monate hinweg tauschen sich Führungskräfte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ihren Expertise- und Wunschthemen aus, und das auf Augenhöhe. Unterstützend gibt es eine laufende Begleitung und inhaltliche Inspirationen zum jeweiligen Themenschwerpunkt seitens einer internen Koordinationsstelle, meist HR, und/oder durch externe Fachkräfte. So wird eine strukturierte und nachhaltige Abwicklung gewährleistet. Auch wenn der Rahmen vorgegeben ist, können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entscheiden, wo sie die Schwerpunkte legen. Erfahrene Führungskräfte können so z. B. ihre digitalen Kompetenzen erweitern oder die Anforderungen an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von heute durch jüngere Mitarbeitende verstehen lernen. Jüngere Mitarbeitende werden wiederum z. B. zu Leadership- und Karrierethemen gecoacht.
Was ist Peer Mentoring?
In diesem Modell unterstützen sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die auf derselben Karriere- bzw. Entwicklungsstufe stehen. Dies kann z. B. in Lernprozessen sehr effektiv sein, ist motivierend und ist insbesondere bei „self-managed Teams“ ein vitaler Bestandteil der Teamführung.
Was versteht man unter Gruppen/Team Mentorings?
Hier arbeitet eine Mentorin bzw. ein Mentor mit einer oder mehreren Gruppen. Diese ressourcenschonende Methode ist z. B. in Schulen oder Hochschulen beliebt, aber auch im Volunteer/NPO-Umfeld. Ebenso denkbar ist ein sogenanntes Team-Mentoring, bei dem eine Person ein ganzes Team in einem spezifischen Prozess oder zu einem bestimmten Thema unterstützt. Der große Vorteil neben der Ressourcenschonung ist definitiv der Einfluss auf den gruppendynamischen Prozess sowie eine Vereinheitlichung des Lernfortschritts.
Wie findet man die richtige Mentorin bzw. den richtigen Mentor?
Auch hier gibt es verschiedene Wege.
Berufliche Netzwerke:
Historisch gesehen, hat sich die Mentoring-Beziehung als informell geschlossene Seilschaft im beruflichen Kontext gebildet. Es war – und ist – durchaus üblich, seniore Persönlichkeiten informell um Rat zu bitten bzw. sie durchaus auch zu fragen, ob sie für bestimmte oder unbestimmte Zeit als Mentorinnen bzw. Mentoren wirken wollen. Oftmals wird diese Art der beruflichen Beziehung auch gar nicht ausgesprochen bzw. erst rückwirkend tituliert. Mehrheitlich ergibt sich dies im beruflichen- Umfeld bzw. Netzwerk.
Strategische Personalentwicklungs-Maßnahme
Immer beliebter werden Mentorings als strategisch geplante Personalentwicklungsmaßnahme von Organisationen, um Weiterentwicklung, Austausch und strategische Zielsetzungen zu fördern. In diesem Fall werden die Mentorinnen bzw. Mentoren und Mentees entweder ausgewählt oder können sich freiwillig zur Teilnahme anmelden.
Thematisch orientierte Mentoring-Programme
Zusätzlich gibt es immer öfter Organisationen und Unternehmen, die spezifisch und thematisch entwickelte Mentoring-Programme anbieten, die öffentlich zugänglich bzw. buchbar sind. Eine externe Expertin oder ein externer Experte übernimmt Suche und Auswahl von Mentorinnen bzw. Mentoren, das Matching wie auch die begleitende Kommunikation und inhaltliche Ausrichtung, natürlich in Abstimmung mit dem auftraggebenden Unternehmen. Auch hier begleitet ein Rahmenprogramm den Ablauf und unterstützt durch eine extern organisierte Infrastruktur.
Wie wird Mentoring nachhaltig erfolgreich?
Mentoring ist sicherlich eine potenzialreiche Maßnahme für Individuen und Unternehmen, um Fähigkeiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterzuentwickeln und zu fördern. Mit relativ geringem Ressourceneinsatz kann eine sinnvolle und fokussierte Unterstützung angeboten werden. Da Mentorings zielgerichtet und langfristig ausgelegt sind, auf individuelle Bedürfnisse und oftmals auch auf strategisch wichtige Themen eingehen, ist ihre Wirkung besonders nachhaltig.
Was sind die Grundvoraussetzungen für das Funktionieren von Mentorings?
Vertrauen & Vertraulichkeit
Vertrauen ist einer der Schlüsselfaktoren jedes Mentorings. Daher müssen auch Informationen, die während Mentoring-Sessions ausgetauscht werden können, vertraulich zwischen Mentorin bzw. Mentor und Mentee bleiben. Weder das HR-Team, das Unternehmen noch die Führungskraft darf Einblick auf Inhalte, Ergebnisse oder Fortschritte erhalten – außer es wird freiwillig zugestimmt.
Commitment & Zielsetzung
Die Tätigkeit als Mentorin bzw. Mentor ist meist unbezahlt – oder in der regulären Arbeitszeit abgegolten, sofern es sich um ein innerbetriebliches Programm handelt. Darum ist die Freiwilligkeit, als Mentorin bzw. Mentor tätig zu sein, wesentlich, da sie mit dem notwendigen Commitment einhergeht, das diese zeitaufwendige Aufgabe erfordert. Mindestens ebenso wichtig ist die klare und konkrete Zielsetzung des Mentorings. Die Zielsetzung des Mentees – und die klare Kommunikation dieser Zielsetzung – ist ausschlaggebend für den Erfolg des Mentorings. Ohne konkrete, messbare, realistische und terminierte Zielsetzung werden die Mentoring-Sessions schnell zur informellen Plauderei, ufern in angrenzende oder private Themen ab und verlieren den Fokus.
Wie kann man ein Mentoring-Programm organisieren?
Betriebsinterne Mentoring-Programme
Oftmals werden Mentoring-Programme intern organisiert - von HR, Learning & Development, aber durchaus auch von Sales-Abteilungen, die so ein schnelleres Onboarding oder einen schnelleren Wissenstransfer garantieren.
Externe Mentoring-Begleitung
Zusätzlich gibt es immer öfter Organisationen und Unternehmen, die spezifisch und thematisch entwickelte Mentoring-Programme anbieten, die öffentlich zugänglich bzw. buchbar sind. Eine externe Expertin oder ein externer Experte übernimmt Suche und Auswahl von Mentorinnen bzw. Mentoren, das Matching wie auch die begleitende Kommunikation und inhaltliche Ausrichtung, natürlich in Abstimmung mit dem auftraggebenden Unternehmen. Auch hier begleitet ein Rahmenprogramm den Ablauf und unterstützt durch eine extern organisierte Infrastruktur.
Wie sinnvoll ist Mentoring?
Zusammenfassend kann man sagen, dass Mentoring sicherlich eine wertvolle und sinnvolle Karrierebegleitung sein kann. Es gibt so viele unterschiedliche Varianten des Mentorings, dass für jede Karrierephase und jede individuelle Anforderung das Richtige dabei ist. Wichtig ist, die richtigen Erwartungshaltungen zu haben und zu setzen, sich über Umfang und Ziele einig zu sein und vor allem offen für Input und Feedback zu sein.
Nina Alice Bauregger ist langjährige Führungskraft, Beraterin, Coachin, Dozentin und spezialisiert sich auf Leadership-Themen, New Work, Change-Management und Diversität.
Ihr Karriereweg der letzten 25 Jahre hat sie rund um den Erdball, von Europa nach Indien, über Japan bis in die USA geführt, wo sie als Führungskraft für Global Player wie IKEA, SWAROVSKI, EF LANGUAGE TRAVEL und die ERSTE BANK gearbeitet hat.
Seit über 15 Jahren unterstützt sie Unternehmen, Führungskräfte, Teams und Einzelpersonen in ihrer Weiterentwicklung.
Als Keynote Speakerin, Autorin und Dozentin ergänzt sie ihre Praxiserfahrung durch wissenschaftliche Arbeit.
Ihre Fokus-Themen sind:
- Leadership & Führung
- Female Leadership
- Virtuelle/Hybride Teams
- New Work Implementierungen
- Change Management
- Diversität & DEIB-Strategie
Zu Ninas Kundinnen und Kunden zählen u.a. Zumtobel, Generali, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport MSG Plaut, ÖAMTC, Caritas Österreich, Privatsanatorium Hera, das Moser Milani Ärzt:innen-Zentrum oder auch der SWV.
Dr. Barbara Covarrubias Venegas ist Expertin für Neue Arbeitswelten und virtuelle Führung. Sie definiert sich selbst als „Virtual Enthusiast“ und vereint nun ihre jahrelangen Forschungsergebnisse mit praktischen Ansätzen in ihren Vortrags- und Beratungstätigkeiten.
Als Forscherin und Praktikerin widmet sie sich vor allem den Themen Neue Arbeits- und Lernwelten, globale virtuelle Teams, Positive Leadership & Kultur allgemein.
Als Trainerin und Lernexpertin designed Barbara seit Jahren virtuelle Lernreisen. Ihr Award Winning globales Lehrprojekt mit über 600 Studierenden aus 22 Ländern, die Global Case Study Challenge, ist eines der größten #virtualexchange #COIL Projekte Europas.
Als Beraterin, Keynote Speakerin und Executive Coach arbeitet Barbara mit und für Unternehmen wie Wiener Stadtwerke, ORF Salzburg, WIFI Management Forum, Unicredit, Allianz, WKÖ und vielen mehr.
Zertifiziert in:
Positive Leadership durch Dr. Markus Ebner, interkulturelle Expertin Cultural Detective Lebensphasenorientierung Generationenmanagement NESTOR GOLD Beraterin